Connect, then redirect Im Englischen so ausgedrückt: Connect, then redirect. Das heißt so viel wie: Immer im ersten Schritt in Kontakt treten. Situation und Kind so annehmen, wie es sich gerade präsentiert. Kinder brauchen es am allermeisten, dass sie sich gesehen, sicher, beruhigt, und gefühlt fühlen (vgl. z.B. Daniel Siegel). „Da sind Monster unter meinem Bett, […]
Im Englischen so ausgedrückt: Connect, then redirect. Das heißt so viel wie:
Immer im ersten Schritt in Kontakt treten. Situation und Kind so annehmen, wie es sich gerade präsentiert. Kinder brauchen es am allermeisten, dass sie sich gesehen, sicher, beruhigt, und gefühlt fühlen (vgl. z.B. Daniel Siegel). „Da sind Monster unter meinem Bett, Mama!“ Ich kann mich fragen: Gelingt es mir zu fühlen, was mein Kind gerade fühlt?
Die Neurowissenschaft erforscht von unterschiedlichen Seiten, was alles in unserem Gehirn passiert. Wenn wir ein bisschen mehr darüber wissen, dann können wir die Kinder besser verstehen, und uns selbst besser verstehen. Dann können wir nicht nur die Tage besser überstehen, in denen alles schief läuft. Wir können auch dafür sorgen, dass die Kinder und wir langfristig mehr Bewusstsein dafür bekommen, was in uns und um uns herum passiert. Was also ist zu verstehen, was können wir tun, wenn die Tage voll sind mit kleinen und großen Kämpfen um „Ich mag das nicht! Ich ess das nicht!“, mit Kekskrümeln auf dem Sofa, oder schlimmer noch: im Bett!, mit eigenem Schlafmangel und zu vielen Nachrichten, die beantwortet werden müssen, mit Kämpfen um die richtige Zeit für die Englischhausaufgaben, oder der hundertsten Anfrage am Abend: „Ich habe noch Durst!“, wenn längst schon Schlafenszeit ist, und vor allem wir als Mütter nicht-mehr-können!
Wenn Ihr eins aus diesem Artikel heute mitnehmt, dann das: Erst einmal die Dinge so sein lassen, wie sie sind. Das bedeutet: Erwartungen beiseite zu schieben. Akzeptieren, dass Nachrichten noch unbeantwortet sind. Dass im Bett Krümel sind. Und sich zu sagen:
„Für diesen Moment ist ok, so wie es gerade ist. Was kann ich jetzt tun, dass es allen besser geht?“ Das kann bedeuten: Krümel gemeinsam beseitigen. Das kann auch bedeuten: Etwas ganz anderes, wichtigeres, schöneres tun als zu schimpfen und die Krümel im Bett einfach da sein zu lassen. Wenigstens für einen Tag. Es gibt kein richtig oder falsch. Aber es gibt unnötige Aufregung und ruhig bleiben und sich besser fühlen dabei.
Dieses so-sein-lassen ist das Schwierigste überhaupt. Gleichzeitig ist es das, was für alle Entspannung rein bringt. Nichts und niemand muss gerade besser sein.
In dem Moment des „so-sein-lassens“ können dann die unterschiedlichen Teile unseres Gehirns viel besser zusammen arbeiten. Dadurch können wir Lösungen finden – nicht, indem wir hektisch werden (oh ja, ich weiß zu gut, dass das leichter gesagt als getan ist!). Diese Zusammenarbeit der Gehirnteile können wir dadurch, und durch eine Reihe anderer Dinge auch den Kindern beibringen. Damit auch sie für sie herausfordernde Situationen besser überstehen können. Und sogar gestärkt aus ihnen hervor gehen.
Oft passt es nicht in unseren Plan, wenn Kinder (ungeplante) Gefühle haben! Das ist das Problem! Nur vergessen wir dabei, dass ungeplante Gefühle zur ganzen Kindheit und zur ganzen Teenagerzeit dazu gehören. Und somit geplant sind. Wenn Gefühle gerade die Überhand nehmen (rechte Gehirnhälfte), brauchen wir nicht mit logischen Erklärungen kommen (linke Gehirnhälfte). Die linke Gehirnhälfte ist dann meist einfach nicht zugänglich. Es gibt keine Monster? Das KANN in einem solchen Moment nicht verstanden werden. Nicht der Fehler der Kinder!
In unserem Fantasiefilm, den wir wieder und wieder abspielen und den wir für normal und definitiv gerechtfertigt halten, laufen die Dinge anders. Mein 7-Jähriges Kind weiß, dass es keine Monster gibt! Mein Fantasiefilm ist, dass meine Kinder zur Uhrzeit xy abends im Bett sind, im Bett bleiben (!) und besten auch schon schlafen (und nicht wieder aufwachen). Und, wenn Angst vor Monstern kommt, sich sagen können: „Monster gibt es doch gar nicht!“ Mit 7 muss das möglich sein! Ich war den ganzen Tag für die Kinder da. Habe den ganzen Tag Geld verdient, für die Kinder organisiert, ihnen zugehört, mit ihnen Freundschaftsbücher ausgefüllt, schnell noch Fotos abgezogen, die morgen mit in die Schule gebracht werden sollen, und – beim Kochen – Vokabeln abgefragt. Ich muss mich JETZT ausruhen. Wie kann es sein, dass mein Kind nicht versteht, dass jetzt Schluss ist? Dass es einfach liegen bleiben muss und schon irgendwann einschlafen wird?
Was braucht mein Kind in diesem Moment? Was erzählt es mir? Da sind Monster unter seinem Bett? Gut, dann müssen wir einmal zusammen gucken, und dann sehen, was wir machen. MEINE Zeit ist damit 5-10 Minuten nach hinten verschoben. Aber es kann bei 5-10 Minuten bleiben, wenn ich es dann schaffe, umzulenken und meinem Kind erzähle, wie es mit den Monstern umgehen kann. Zusammen einen Weg dafür finden. Dann übernehme ich meinen Teil der Verantwortung, und mein Kind kann seinen Teil der Verantwortung übernehmen. Das mag bei dieser Situation nicht an einem Abend getan sein. Aber es wird sich auszahlen. Da neue neuronale Verbindungen angelegt werden, wie es mit Angst umgehen kann. Und dass es sich nicht hilflos zu fühlen braucht. Mein Kind lernt: Monster gehören zum Leben dazu. Und auch wenn wir manchmal Angst vor ihnen haben: Wir können etwas tun, so dass die Angst wieder gehen kann. Natürlich sind alle Eltern dazu angehalten, sich weitere Hilfe zu holen, wenn Angstzustände eines Kindes andauern und massiv sind. Das wäre ein anderer Fall.
„Wow, ich würde auch Angst haben, wenn da Monster unter meinem Bett wären.“ Kontakt. Wir antworten mit unserer rechten Gehirnhälfte, in der Gefühle zu Hause sind. Wir fühlen, was unserer Kind gerade fühlt. Wir trösten und kuscheln. Dann: „Lass uns mal sehen, was uns einfällt, was wir jetzt machen.“ Umlenken. Wir sprechen dann die linke Gehirnhälfte an, die rational denken kann. Die ist wieder zugänglich, wenn die Gefühle sich, durch Beruhigen, Kuscheln, Trösten, beruhigt haben. Damit schaffen wir Integration im Gehirn unserer Kinder und in unserem eigenen Gehirn
Und dadurch können sie – und wir! – weiter wachsen. Ein Glück.
Immer also, wenn wir nicht mehr in Balance sind, arbeiten die verschiedenen Teile unseres Gehirn nicht mehr so gut zusammen. Wenn das bei den Kindern oder uns Müttern passiert, dann schreit einer (oder alle). Chaos. Unser Kind bekommt einen Zusammenbruch, da es krank nicht auf die Klassenfeier gehen kann. Chaos. Wir als Mutter bekommen einen Nervenzusammenbruch, wenn die Hausaufgaben nicht gemacht werden (Bedrohung: unser Kind bekommt eine schlecht Note, mehrere schlechte Noten, schafft den Schulabschluss nicht, und so weiter). Chaos. Die Hausaufgaben müssen genau jetzt gemacht werden. Rigidität /Sturheit.
Tina Bryson und Daniel Siegel zeigen, wie wir unsere Gehirne, bei allem Chaos, bei aller Rigidität /Sturheit immer wieder in Balance bekommen. Damit trainieren wir das Gehirn unseres Kindes, und unser eigenes. Win-win! Wenn unser Kind cool reagiert hat, auch wenn die Situation schwierig war, können wir das hinterher ruhig einmal loben: „Da hast du gerade toll reagiert! Finde ich super, dass du deiner Schwester geholfen hast!“ „Das finde ich super, dass du auf dich achtest, wenn du müde bist, und dich zwischendurch ausruhst. War es ein anstrengender Tag in der Schule? Willst du die Hausaufgaben dann eher in einer halben Stunde machen, oder erst am Abend nach dem Sport?“Wenn wir ruhig geblieben sind in einer der zahlreichen verrückten Situationen, die wir als Mütter so erleben: „Das hab ich so cool gemacht!“Und wenn es mal nicht so cool gelaufen ist: Es so-sein-lassen. Hinterher gucken, was nächstes Mal besser laufen kann. Und dann weitermachen.
Autor: Kim Nicola Lorentzen, www.kimnicolalorentzen.com